25 Jahre Mauerfall

Politischer Club mit Dr. Theo Waigel

24.11.2014

Als Bundesfinanzminister erlebte Dr. Theo Waigel vor 25 Jahren an der Seite von Kanzler Helmut Kohl den Prozess der deutschen Wiedervereinigung in erster Reihe mit. Wie hat er den Mauerfall erlebt? Wie schätzt er die finanziellen Aspekte der Wiedervereinigung ein und welche Schlüsse zieht er als unmittelbarer Zeitzeuge der friedlichen Revolution für die Politik der Gegenwart? Beim Politischen Club im Plenum des Bayerischen Landtags referierte Dr. Theo Waigel vor rund 350 Gästen über die historischen Ereignisse rund um den 9. November 1989.

„Keiner kennt die Geschehnisse von damals so gut wie Dr. Theo Waigel“, betonte der CSU-Fraktionsvorsitzende Thomas Kreuzer in seinem einleitenden Grußwort. In einem sehr persönlichen Vortrag schilderte Dr. Waigel dann eindrucksvoll seine Erinnerungen an die Zeit vor 25 Jahren: „Als ich im Sommer 1989 gesagt habe, dass die deutsche Frage auf der Tagesordnung der Weltpolitik steht, erntete ich damit spöttische Medienberichtete“, so Waigel. Dass innerhalb von einem Jahr die deutsche Einheit tatsächlich Wirklichkeit wurde, habe jedoch auch ihn überrascht.

„Wir haben viel gezahlt, aber auch viel bekommen!“

Als ehemaliger Bundesfinanzminister ging Waigel ausführlich auf die finanziellen Aspekte der Wiedervereinigung ein und zitierte einleitend den Philosophen Ernst Jünger. Dieser habe damals zu den Kosten der Wiedervereinigung gesagt: „Wenn Dein Bruder vor der Tür steht, lässt Du ihn herein und fragst nicht, was das kostet.“ Die Wiedervereinigung sei finanziell eine Riesen-Herausforderung gewesen, betonte Waigel. „Natürlich haben wir sehr viel gezahlt für die Deutsche Einheit. Aber wir haben im Gegenzug auch sehr viel dafür bekommen!“ Für 12 Milliarden DM sei es gelungen, Freiheit und Demokratie nicht nur für die Menschen in Ostdeutschland, sondern auch für Millionen von Bürgern in Osteuropa zu erreichen. „Die Wiedervereinigung hat uns nicht, wie manche im Westen glauben, geschwächt, sondern Deutschland ist stärker geworden, spielt eine größere Rolle in Europa und ist heute noch ein Modell für die Welt, wenn es um andere geteilte Regionen oder Länder geht.“

„Ein Augenblick, den ich nie vergessen werde!“

In einem sehr lebendigen Vortrag schilderte Waigel auch seine persönlichen emotionalsten Momente der Wiedervereinigung. Einer davon sei das Treffen mit Gorbatschow im Kaukasus gewesen, bei dem dieser nach einer langen Nacht mitgeteilt habe: „Jawohl, ich stimme der Einheit zu!“
„Das war ein unglaublicher Augenblick, den ich nie vergessen werde“, betonte Waigel. Einen weiteren ganz besonderen Moment habe er im Jahr 1994 erlebt: „Damals übergab mir der letzte General der russischen Streitkräfte, General Burlakov, die Schlüssel von Karlshorst, dem Hauptquartier der sowjetischen Streitkräfte. Ab diesem Tag habe ich gewusst, dass ein Paradigmenwechsel innerhalb Deutschlands und Europas stattgefunden hat.“

„Wir hätten die SED verbieten müssen!“

Thema der anschließenden Diskussion waren unter anderen die aktuellen Debatten um den ersten Ministerpräsidenten der SED/PDS-Nachfolgepartei „Die Linke“ in Thüringen: „Wir hätten die SED angesichts dessen, was sie an Verbrechen zu verantworten hat, verbieten müssen. Dann hätten auch Nachfolgeorganisationen verboten werden können, und dieser Spuk wäre gar nicht entstanden“, so Waigel.

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Karl Freller bedankte sich bei Dr. Theo Waigel für eine „spannende Geschichtsstunde eines der wichtigsten Zeitzeugen des Mauerfalls“. „Ihnen gilt mein höchster Respekt“, so Freller. „Sie haben zur richtigen Zeit das richtige getan und damit Geschichte geschrieben!“

Impressionen vom Politischen Club finden Sie in der "Woche in Bildern"